Philipp Böhm (Foto: © Nane Diehl)

Philipp Böhm lebt als Autor in Berlin.

2019 erschien sein Debütroman “Schellenmann” im Verbrecher Verlag, 2022 der Erzählungsband “Supermilch”. Er ist Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift metamorphosen, schreibt für die Wochenzeitung Jungle World und arbeitet für das Berliner Literaturhaus Lettrétage.

Philipp Böhm "Supermilch"

Supermilch

In einem Start-up-Büro verliert ein Werbetexter den Verstand. Unter der Stadt verstopfen Fettberge die Kanalisation, während sich in einer Sozialbausiedlung ein unerwünschter Mitbewohner in eine Kröte verwandelt. Der berühmteste Elvis-Imitator des World Wide Webs nimmt sein letztes YouTube-Video auf und jeden Monat gehen elternlose Jugendliche mit Fahrrädern und Kanthölzern auf Menschenjagd. Und immer wieder taucht eine bedrohliche, stetig wachsende Untergrundbewegung auf, die die Sozialen Medien mit einer einzigen Frage flutet: “Do you like scary movies?”

Die Geschichten in “Supermilch” erzählen von einer unruhigen, nervösen Zeit: von der Transformation der Arbeitswelt, von digitalem Alltag und der Zerstörung der Natur. Die Menschen sind überfordert von ihrer Lohnarbeit, die doch angeblich mehr sein soll als nur Arbeit. Sie sind ermüdet von der beständigen Suche nach der besten Version ihrer selbst und können doch nicht davon lassen. Sie haben Angst, aber können nicht sagen wovor. Einen normalen Tag herumzubringen, scheint in dieser Welt das Einfachste und Schwerste zugleich zu sein. Also stürzen sich ihre Bewohner in Privatobsessionen, suchen ihr Glück im Ausstieg, steigern sich in obskure Internet-Phänomene hinein oder wählen sinnlose Gewalt als letztes Mittel. “Supermilch” wirft einen Blick in die Zukunft – und die ist bedrohlich, flimmernd und weird.

Philipp Böhm persifliert nicht einfach die Irrungen und Wirrungen der Gegenwart, sondern spielt literarisch reflektiert und sprachlich versiert mit ihnen.
— Dirk Knipphals, SWR2
Wie ringt man dem irren, neoliberalen Zeitgeist gute Literatur ab? Indem man ihn als Gespenst in einer Schauergeschichte auftreten lässt. [...] Liest man Böhms Geschichten, dann blickt man durch ein surreales Kaleidoskop, das unsere Gegenwart bis zur Kenntlichkeit entstellt.
— Jacobin Magazin
Und wenn Literatur überhaupt noch irritieren kann, dann eben in jenem beständigen Hin und Her zwischen real und irreal, zwischen komisch und zerstörerisch, kalt und mitfühlend.
— Jörg Schieke, MDR Kultur
Haben wir den Turbokapitalismus zu Ende gespielt? Geht die Welt bald unter? Gibt es noch Hoffnung?
— Glamour
Böhm schreibt aus der Perspektive von Outcasts und Verrückten, die in prekären Verhältnissen dahinvegetieren. Drohnen sind allgegenwärtig, Hologramme am nächtlichen Himmel zeigen Gespenstisches. [...] In allen Erzählungen gibt es mindestens ein verstörendes Element, ein Dingsymbol, eine unerwartete Situation oder Gegebenheit. Mit ihnen versteckt der Autor einiges an der Oberfläche, was auch darunter steckt.
— Werner Jung, junge Welt
Philipp Böhm spielt hervorragend mit aktuellen Ängsten, die uns alle immer irgendwie begleiten und hat seinen Finger genau am Puls der Zeit.
— melodram
Die konzentriert konstruierten Geschichten des Berliner Autos Philipp Böhm fühlen sich an wie ein nervöses Zucken im Magen, eine diffuse Bedrohung ohne Ansage, eine Zukunft, die uns zu nahe kommt.
— Erik Heier, tip Berlin
Vollends geglückt.
— Benjamin Moldenhauer, neues deutschland
Es gibt bei Animationsfilmen oder in der Robotik das Phänomen des Uncanny Valley: Wenn eine Figur nicht mehr ganz künstlich wirkt, aber auch nicht ganz menschlich, wird sie uns unheimlich. Die Ähnlichkeit verstört uns. In so ein Tal schickt uns Böhm mit seinem dichten Erzählband, in dem die Science-Fiction menschelt; wir erkennen uns wieder, aber nicht so ganz.
— Bettina Steiner, Die Presse
Man denkt nach der Lektüre noch lange nach über die geschilderten Gestalten und ihr Setting. […] Sprachlich ist dieser Autor virtuos, präzise - und eine Entdeckung, die Lust auf mehr macht.
— Marc Reichwein, Welt am Sonntag
Als gelungene Kapitalismuskritik ist die Geschichtensammlung jedenfalls absolut empfehlenswert.
— Jona Larkin W., Direkte Aktion
Wie der vermeintliche Traum zum Alptraum werden kann, zeigen die ‘Supermilch’-Geschichten des Wahlberliners Philipp Böhm, der Menschen vorstellt, die sich kaum mehr spüren, die aufgefordert werden, sogar den Tod als etwas Schönes anzusehen die aufeinandergehetzt werden in einer Art und Weise, wie sie die Horrorfilmreihe ‘The Purge’ oder die Netflix-Serie ‘Squid Game’ bereits zeigten.
— Jan Drees, Deutschlandfunk
Ob im Kampf mit Fettbergen oder mit der eigenen Identität als Elvis-Imitator - die Figuren in Supermilch haben Angst. Sie suchen nach Verbindungen und nach Sinn und ihre Handlungen sind oft erschreckend nachvollziehbar. Trotz der gemeinsamen Themen steht jede der neun Geschichten für sich selbst. Die meisten bleiben, vor allem dank der dichten Sprache und der einprägsamen Situationen, noch lange bei einem hängen.
— Siri Widmann, "Fettgedruckt" auf M94.5

Schellenmann

“Es gibt etwas, das Hartmann weiß und Jakob nicht.”

Hartmann und Jakob arbeiten in einer Fabrik am Stadtrand, wobei niemand so recht sagen kann, was dort eigentlich produziert wird. Sie sind gemeinsam in der kleinen Stadt aufgewachsen: der ältere Hartmann, der seinen Platz in der Gemeinschaft schon immer sicher hatte und Jakob, der zugezogene Außenseiter. Jahrelang hat Hartmann auf Jakob aufgepasst und ihn langsam in seine Welt eingeführt. Doch in einem Sommer, der nicht mehr endet, beginnt sich Hartmann nicht nur von der Gemeinschaft, sondern auch von Jakob abzuwenden. Nach einem Streit verschwindet er. Jakob begibt sich auf die Suche nach seinem Freund, während die Natur um die kleine Stadt zu sterben beginnt und die Bewohner immer aggressiver werden. Dabei folgt ihm der mysteriöse Schellenmann.

Bilder, die im Kopf bleiben.
— Max Knieriemen, SWR
Böhm ist ein Erzähler, der die Wiederverzauberung der Welt mit unheimlichen Stilmitteln betreibt. Ihm ist, unter anderem, ein Schauermärchen der Arbeitswelt gelungen. Sein Text geht dem Leser nahe und nach.
— Hendrik Werner, Weser-Kurier
Man liest dieses zivilisationskritische Buch, diese Geschichte kurz vor der Apokalypse mit Spannung. [...] Schellenmann ist ein Buch der Ängste und der Sehnsucht, es erzählt von einer großen Einsamkeit und dem drängenden Wunsch nach Freundschaft, Schutz, Konstanz und Verlässlichkeit. Der kluge und anspielungsreiche Text hält in seiner offenen Form sehr viel für den Leser bereit, ein literarisch durchaus waghalsiges Unterfangen ist geglückt. Schellenmann ist das beeindruckende Debüt eines sehr ambitionierten jungen Autors.
— Martin Gaiser, literaturkritik.de
Ein süddeutsches Twin Peaks
— Poesierausch
Ein reizvoll melancholisches Romandebüt. [...] In diesem wundersamen Spiegel erkennen wir auch das eigene Befremden über die Welt, in der wir leben, wieder.
— Rolf Stein, Kreis-Zeitung
Vermittelt durch eine Sprache, die mal langsam tastet, mal rabiate Bilder findet, sich immer wieder aufbäumt gegen den Verschleiß dessen, was sie darstellt, auf Distanz bleibt, ohne abzurücken, an der spürbar wird, dass es um Verhältnisse geht, die gar nicht beschrieben werden wollen.
— Vincent Sauer, fixpoetry

Weitere Publikationen (Auswahl)

 

I sing the Body mutilated

Ein persönlicher Essay über die Schönheit der Cover von Death-Metal-Alben

Erschienen auf dem Blog des Schlaufen-Verlags.

Pissender Hund

Eine Science-Fiction-Geschichte über den letzten Superhelden des Spätkapitalismus.

Erschienen in der Anthologie “Sechs Geschichten von morgen über heute” des KAPSEL-Magazins.


Mrs Smith und Mr Jones möchten ein bisschen Tod sehen

Ein Essay über die Höchststrafen und ihr Publikum, über Exekutionen und Zuschauer.

Erschienen im metamorphosen Magazin.

Mein Jahr mit den Yachten

Ein Essay über Lohnarbeit und was sie mit einem Menschen macht, der eigentlich nur einen Roman schreiben möchte.

Erschienen in der Anthologie “Brotjobs & Literatur”.

Hirn, Muskel, Nerv, Hand

Ein Essay über die Ware Arbeitskraft und meinen Großvater.

Erschienen in der Zeitschrift “Die Epilog”.

Digitale Welt

Ein Enzyklopädie-Eintrag, in dem es um den Einfluss von Dr. Pimple Popper auf mein Wohlbefinden, meine Ausgeglichenheit und allgemeine Produktivität geht.

Erschienen in der Anthologie “Welt und Wirklichkeit” von Jim-Avignon.

Sterben mit den Philistern

Eine Geschichte über sinnlose Gewalt und Fahrradfahren - mit Kanthölzern und Chumbawamba.

Erschienen als Leseheftchen bei SUKULTUR.

Preise usw.

2014 erhielt Philipp Böhm das Bremer Autorenstipendium. 2016 war er beim Open Mike (Wettbewerb für junge Literatur) unter den Finalisten. 2020 erhielt er den Hauptpreis der Wuppertaler Literatur Biennale.